Pullman oder Pullmann – Schlafwagen, Reisebus oder Luxuslimousine?

Begriff Pullmann

Welche Gemeinsamkeit haben ein Schlafwagen, ein Reisebus und eine Luxuslimousine gemeinsam? Antwort: Alle bezeichnen Fahrzeuge, die in verschiedenen Ländern „Pullman“ – manchmal auch irrtümlicherweise „Pullmann“ mit zwei „n“ geschrieben – genannt werden.

In der Welt des Reisens und der Mobilität hat der Begriff „Pullman“ eine lange und faszinierende Geschichte. Er taucht in verschiedenen Kontexten auf und wird oft mit Luxus und Komfort in Verbindung gebracht. Aber woher kommt dieser Begriff, und wie wird er in verschiedenen Ländern verwendet? In diesem Artikel werden wir die Verwendung des Begriffs „Pullman“ als Schlafwagen, Reisebus und Luxuslimousine erkunden und die Wurzeln sowie die Verbreitung dieses Begriffs näher beleuchten.

Der Ursprung des Begriffs „Pullman“

Die Ursprünge des Begriffs „Pullman“ als Synonym für Luxus und Komfort in Verbindung mit Reisemitteln gehen auf das 19. Jahrhundert zurück. Der Name leitet sich von George Mortimer Pullman (1831 – 1897) ab, einem amerikanischen Unternehmer, der maßgeblich zur Entwicklung des modernen Schienenverkehrs beigetragen hat. Pullman war ein visionärer Geschäftsmann, der erkannte, dass Reisen auf Schienen eine bequemere und angenehmere Erfahrung bieten könnten.

George Pullman gründete in den 1860er-Jahren die Pullman Palace Car Company. Im Laufe der Zeit gab es diverse Übernahmen und Fusionen, so dass zahlreiche Umbenennungen erfolgten. In den Anfangstagen der Automobilindustrie wurden Fahrzeuge in der Regel von den Herstellern als bloße Chassis mit Motor geliefert, und die Pullman Palace Car Company war eine der Firmen, die die Aufbauarbeiten übernahm. Ab den 1970er-Jahren zerfiel das Firmenimperium. Bis zum Jahr 2004 produzierte die Pullman Company als Tochterunternehmen von Tenneco Automotive Gummiteile für die Automobilindustrie. Zur Firmengeschichte gehört auch die gleichnmamige Arbeitersiedlung südlich von Chicago. Diese gehörte vollständig der Firma und umfasste Wohnhäuser, Markthallen, eine Bibliothek, Kirchen und Freizeiteinrichtungen für die Mitarbeiter und ihre Familien. Die Mitarbeiter waren verpflichtet, in Pullman zu wohnen, obwohl es in der Umgebung oft günstigeren Wohnraum gab. Während der wirtschaftlichen Depression reduzierte die Pullman Company die Arbeitsstunden und Löhne der Arbeiter, nicht aber die Mieten für ihre Wohnhäuser. Dies führte zum Pullman-Streik, dem bis dahin größten Eisenbahnerstreik in den USA. Etwa 4000 Arbeiter der Pullman Company legten die Arbeit nieder. Der Streik begann am 11. Mai 1894 und hatte bis Juli 1894 erhebliche Auswirkungen auf den Schienenverkehr im Mittleren Westen der Vereinigten Staaten. Nach rund zwei Monaten wurde der Streik gewaltsam niedergeschlagen. Der Pullman-Streik war ein wichtiger Moment in der Geschichte der Arbeiterrechte und der Gewerkschaftsbewegung in den USA. Er führte zur Gründung des American Railway Union und hatte weitreichende Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen und die Beziehung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der amerikanischen Industrie.

Zu seiner Blütezeit stellte Pullman Schlafwagen her, die mit luxuriösen Annehmlichkeiten wie bequemen Betten, elegantem Mobiliar und erstklassigem Service ausgestattet waren. Vor allem Afro-Amerikaner kamen hier als billige Arbeitskräfte zum Einsatz. Diese Schlafwagen wurden schnell zu einem Symbol für erstklassiges Reisen und trugen dazu bei, den Begriff „Pullman“ mit Luxus in Verbindung zu bringen. Aus dem Unternehmen ging auch die Luxus-Hotelkette Pullman Hotels and Resorts hervor, die 1877 in New York City gegründet wurde. Diese bildete den Ursprung für das Hotelgeschäft der Compagnie Internationale des Wagons-Lits, das später als Pullman International Hotels bekannt wurde. Seit 1991 gehört Pullman zum französischen Accor-Konzern. Heute ist Pullman eine von insgesamt achtzehn Marken innerhalb des Accor-Konzerns. Obwohl Pullman in erster Linie Geschäftsreisende anspricht, richtet es sich nicht ausschließlich an diese Zielgruppe. Die Hotelkette bietet luxuriöse Unterkünfte und Annehmlichkeiten für eine breite Palette von Gästen.

Die Pullman Motor Car Company war ein Automobilhersteller, der aus der York Motor Car Company hervorging. Das Unternehmen bestand von 1903 bis 1917. Die Marke „Pullman“ leitete sich von den Eisenbahnwaggons der Pullman Palace Car Company ab, obwohl es ansonsten keine Verbindung zwischen den beiden Unternehmen gab. Der Industrielle A. P. Broomell war maßgeblich an der Gründung des Unternehmens beteiligt, und sein Geschäftspartner Samuel E. Baily wurde später Präsident der Gesellschaft. Die Konstruktion der Automobile wurde von James A. Kline übernommen. Die Firma geriet bereits 1907 in finanzielle Schwierigkeiten, woraufhin sie die Banker Thomas O’Connor und Oscar Stephenson in die Geschäftsleitung aufnahm. Im Jahr 1909 änderten sie den Namen des Unternehmens in „Pullman Motor Car Company“. Aufgrund von Qualitätsproblemen und einem schlechten Ruf bei den Kunden musste das Unternehmen 1917 Konkurs anmelden und die Produktion einstellen.

„Pullman“ – ein Begriff für verschiedene Fahrzeuge: Anwendungen im Überblick

Die Verwendung von „Pullman“ als Schlafwagen

Ursprünglich wurden Pullman-Schlafwagen für Langstreckenreisen auf Schienen eingesetzt. Der hohe Marktanteil führte dazu, dass sich die Marke als Gattungsbegriff durchsetzte. Reisende konnten in diesen Wagen bequem übernachten und wurden von geschultem Personal betreut. Die Schlafwagen boten eine alternative Möglichkeit, lange Strecken zu bewältigen, ohne auf den Komfort und die Annehmlichkeiten eines Hotels verzichten zu müssen. Dieses Konzept revolutionierte die Art und Weise, wie Menschen reisten, und etablierte den Begriff „Pullman“ als Synonym für erstklassigen Service und Komfort im Schienenverkehr.

Die Entwicklung zum Pullman-Reisebus

Mit der Zeit wurde der Begriff „Pullman“ nicht mehr ausschließlich mit Schlafwagen in Verbindung gebracht. Er wurde erweitert, um auch auf Reisebusse zuzutreffen. Diese Reisebusse wurden nach dem gleichen Prinzip des Luxus und Komforts gestaltet, das bereits in den Schlafwagen etabliert war. Reisende konnten in Pullman-Reisebussen erstklassige Annehmlichkeiten genießen, während sie über die Straßen reisten.

Der Begriff „Pullman-Reisebus“ wurde besonders in den Vereinigten Staaten populär und war eine beliebte Wahl für Reisen in den ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Busse waren oft aufwändig gestaltet und boten den Fahrgästen eine erstklassige Erfahrung, sei es auf kurzen Ausflügen oder längeren Reisen.

Die Verwendung von „Pullman“ in Luxuslimousinen

Neben Schlafwagen und Reisebussen wurde der Begriff „Pullman“ auch auf Luxuslimousinen ausgeweitet. Diese Limousinen waren oft maßgefertigt und boten einen unvergleichlichen Grad an Luxus. Die Verwendung des Begriffs „Pullman“ in Bezug auf Luxuslimousinen ist jedoch weniger weit verbreitet als in den anderen Bereichen. Dennoch steht er auch hier für höchste Qualität und Exklusivität.

Die Verbreitung des Begriffs „Pullman“ weltweit

Der Begriff „Pullman“ hat im Laufe der Zeit seinen Weg in verschiedene Länder gefunden und wird in unterschiedlichem Kontext verwendet. Hier sind einige Beispiele aus verschiedenen Teilen der Welt:

Vereinigte Staaten von Amerika

In den Vereinigten Staaten ist der Begriff „Pullman“ eng mit der Geschichte des Schienenverkehrs und der Entwicklung von Schlafwagen und Reisebussen verbunden. Er wird auch heute noch verwendet, um erstklassige Reiseerlebnisse zu beschreiben.

Europa

Im deutschen Sprachraum taucht der Begriff erstmalig 1928 in „Kraftfahrer und Kraftfahrzeug“ auf. In der Norm DIN 70011 „Aufbauten für Personenkraftwagen; Benennungen und Begriffe“ ist er seit 1959 zu finden. Diese Norm verlangte, dass ein Pullman-Fahrzeug mindestens fünf Sitze unabhängig von ihrer Anordnung und eine „Trennwand mit Kurbel- oder Schiebefenster zwischen Vorder- und Hintersitzen“ haben musste. Die aktuellere deutsche DIN-Norm 70010, die im April 1978 veröffentlicht wurde und mit der internationalen Norm ISO 3833–1977 „Road vehicles – Types – Terms and Definitions“ abgestimmt ist, definiert eine Pullman-Limousine als Personenkraftwagen mit den folgenden Merkmalen:

geschlossener Aufbau
festes, starrverbundenes Dach
vier oder mehr Sitze in zwei oder mehr Sitzreihen
vier oder sechs seitliche Türen
sechs oder mehr Seitenfenster

Heute wird der Begriff hauptsächlich mit dem Mercedes-Benz Pullman in Verbindung gebracht. Diese Fahrzeuge werden seit 1963 bis heute produziert und haben eine lange Tradition als hochwertige Repräsentationslimousinen für Staatschefs, Wirtschaftsführer und den Papst.

In Italien und Frankreich ist damit ein bestimmter Bustyp gemeint: Im Gegensatz zum klassischen Stadtbus wird der Reisebus für Mittel- und Fernstrecken eingesetzt, vor allem weil er mit zahlreichen Sonderausstattungen ausgestattet ist (bequeme Sitze, Bordtoilette sowie neuerdings Klimaanlage und WLAN), die für Komfort auf langen Reisen sorgen.

Großbritannien hingegen orientiert sich an den Ursprüngen. Die British Pullman-Züge sind historische Orient Express-Waggons, die von der Belmond-Gruppe betrieben werden. Sie bieten eine exklusive und erstklassige Reiseerfahrung mit eleganten Art-Deco-Interieurs, Gourmetküche und einem erstklassigen Service.

Abfahrt des British Pullman von London Victoria Station

Asien

Auch in Asien wird der Begriff „Pullman“ in verschiedenen Kontexten verwendet. Er kann sich auf Luxushotels, erstklassige Reisebusse oder hochwertige Dienstleistungen beziehen.

Südafrika

In Südafrika findet man den Begriff „Pullman“ in Bezug auf historische Züge und Bahngesellschaften, die auf eine reiche Geschichte des Schienenverkehrs zurückblicken können.

Fazit
Der Begriff „Pullman“ hat eine faszinierende Geschichte und ist eng mit Luxus, Komfort und erstklassigen Reiseerlebnissen verbunden. Ursprünglich in den Vereinigten Staaten entstanden, hat er sich im Laufe der Zeit in verschiedenen Ländern und Kontexten verbreitet. Egal, ob es sich um Schlafwagen, Reisebusse oder Luxuslimousinen handelt, der Begriff „Pullman“ bleibt ein Symbol für höchste Qualität und Exklusivität in der Welt des Reisens und der Mobilität.

Quellen:

Bildnachweis:
Titelbild: SriMesh